Ein paar Tage Arktis

Der Bericht dieser Reise ist etwas länger geworden. Aber wenn die Sonne nicht untergeht und täglich 24 Stunden Erlebnisse zu berichten sind, dann geht das nicht in kurzen Sätzen.

Viele weitere Fotos dieser Expedition finden sich hier.

Sonntag 11.06.2006

Es ist gerade 22:00 Uhr und hinter den Bergen, deren Name ich nicht kenne, wird gleich die Sonne untergehen. Ich stehe in Oslo am Flughafen und in wenigen Minuten wird meine Maschine abheben. Ich will weiter nach Norden in die arktischen Regionen. Mein Ziel ist Spitzbergen und es ist mir unbequem in den Winterklamotten und meiner Skijacke. Ich komme ins Schwitzen, denn in Oslo ist ein warmer Sommertag. Aber ich will in die Polarregion, dorthin wo John Longyear vor genau 100 Jahren eine erste Siedlung für die Bergarbeiter seiner Minengesellschaft errichten ließ. Dieser Ort trägt heute seinen Namen: LONGYEARBYEN.

Für mich ist es ein Land wo der Wind wohnt und die Sonne nicht schlafen geht.

Während in Oslo die Sonne versinkt wird es während des Fluges immer heller. Richtung Mitternachtssonne geht der Flug, unter mir sehe ich Fjordland und schneebedeckte Berge. Die strahlende Sonne reflektiert auf den Wasserflächen von Bergseen. Es ist ein sehr schöner Ausblick, der aber ab Trondheim durch eine dichte Wolkendecke beendet wird. Von den Lofoten sind nur die Bergspitzen zu sehen und bald darauf ist die Wolkendecke geschlossen.

Unter mir muß das Eismeer sein, die Barentssee und die Bäreninsel. Und bald sind wir auch über Svalbard, aber es ist nichts davon zu sehen. Wir sind pünktlich, tauchen in die Wolken ein und setzen zur Landung an. Die Wolken hängen fast auf dem Boden und erst im letzten Moment ist Land zu erkennen.

Es ist jetzt 01:00 Uhr Morgens, es ist taghell und es schneit dicke Flocken. Der Wind ist eisig, es ist richtiges Mistwetter und ab sofort muß die Skijacke zeigen ob sie was taugt.

Schnell sind wir in der Flughalle verschwunden, das Gepäck wird ausgeladen und die Fahrt geht mit dem Linienbus zum Gästehaus. Vorbei am neuen und am alten Kai, durch die Stadt hinaus nach Nybyen. Alles kommt mir irgendwie bekannt vor, vor Beginn der Reise habe ich mich oft in die Webcams in LONGYEARBYEN eingeschaltet. Sie haben mir schon vor Reisebeginn gezeigt wie die Stadt aussieht.

Aber sie konnten mir nicht sagen wie es auf meinem geplanten Segeltörn sein wird.

Das Gästehaus ist am Ende des Ortes NYBYEN, ehemalige Wohnungen der Bergarbeiter die dort Kohle abgebaut haben. Nun sind es modernisierte Gästezimmer. Früher haben sie vor den Wohnungen ihre Stiefel ausgezogen um den Kohlenstaub nicht in die Häuser zu schleppen. Heute liegt zwar kein Kohlenstaub mehr im Ort, aber Schuhe ausziehen ist immer noch Vorschrift. Da stehe ich dann mit vollem Gepäck und dicker Jacke und fummel mir die Trekkingstiefel los, dauert eine Weile. Als ich Mittags in Deutschland gestartet bin war es etwa 30°C und jetzt sind die Socken einfach nicht mehr frisch. Egal, es machen ja alle so.

Die Bestätigungen für die vorab gebuchten Ausflüge liegen schon an der Rezeption, Zimmer 1108, das ist Gebäude1. Aber ich hab wohl nicht richtig hingehört wo das Gebäude 1 ist und lande morgens um 02:00 bei diskutierenden Studenten im Unterkunftsblock der Universität. Das ist falsch, also noch mal raus ins Schneetreiben und den richtigen Block suchen. Es ist 02:45 als ich endlich auf dem Zimmer bin. Es ist hell wie Mittags in Deutschland und vor meinem Fenster ist noch reger Verkehr, Autos fahren vorbei und einige Studenten kommen die Straße herauf. Das Schneetreiben lässt nach und gibt den Blick auf die Berge frei. Ein interessanter Ausblick aus dem Fenster. Müde bin ich nicht, aber ich versuche zu schlafen, mein Wecker steht auf 06:00 Uhr.

Und was ziehe ich morgen an?

1101.jpg 1102.jpg 1103.jpg 1104.jpg 1105.jpg

Montag 12.06.2006

Außentemperatur 2°C, leichter Wind. Das ist an dem Schneetreiben mit dicken Flocken gut zu erkennen. Ich bin in der Arktis und sie begrüßt mich standesgemäß mit entsprechendem Wetter.

Egal, ich bin vorbereitet.

Skijacke an und vorm Frühstück ein kleiner Fotoausflug. Ein Schneetreiben ist immer ein paar Aufnahmen wert, Schneescooter und Rentiergeweihe sind immer dekorativ. Bald treibt es mich aber zum Frühstück in die alte Kantine der Bergarbeiter. Wahrscheinlich hatten sie damals ein ähnliches Frühstück: Fisch in verschiedenen Variationen, Rote Beete und Gurkensalat, Ziegenkäse und Rentiersalami sowie diverse andere Köstlichkeiten. Ich mag das alles und so fing der Tag gut an.

Ich musste mich aber beeilen, bereits um 08:45 sollte ich abgeholt werden zu meinem gebuchten Tagesausflug mit dem Boot nach Barentsburg und dem Esmark Gletscher.

Handschuhe, Schal, Mütze, Ohrenwärmer. Bloß nichts vergessen, der Wind ist lausig, die gefühlten Temperaturen sind unangenehm. Pünktlich werde ich abgeholt, und nach einer Sammeltour durch den Ort sind es etwa 20 Gäste auf dem Weg zum Hafen, wo das Schiff schon auf uns wartet. Das Schneetreiben hat nachgelassen der Blick geht weit in den Isfjord. Die Wolken hängen sehr tief, es sieht ein bisschen bedrohlich aus. Die Kälte des Fjordes ist zu spüren, Sommer in der Arktis. Eissturmvögel begleiten das Schiff mit eleganten Flug. Lummen und Papageientaucher flüchten im Laufschritt  über die Wellen. Schneebedeckte Berge umrahmen den Isfjord. In der Ferne wird es etwas heller und Licht bricht durch die Wolkendecke.

Ich stehe an der Reling und der eisige Wind erinnert mich an meine Mütze. Ich sollte sie besser aufsetzen, sonst nützt sie nichts. Auch Handschuhe sind wohl angebracht. Bald ist das ganze Nordufer des Isfjordes in Licht getaucht während immer noch dunkle Wolken übers Wasser ziehen.

Wir erreichen den Esmark Gletscher und gewinnen einen ersten Eindruck von der Schönheit der arktischen Landschaft. Robben liegen auf dem Eis und beobachten uns misstrauisch, durchs Fernglas sind Rentiere zu beobachten. Weißer Schnee wechselt mit den blauen Farben des Eises. Eine Zeitlang lassen wir uns dort treiben, bevor wir Barentsburg ansteuern.

Bereits aus der Ferne ist es zu entdecken. Schwarze Rauchwolken über dem Kraftwerk des Ortes weisen uns den Weg und je näher wir kommen desto mehr Details lassen sich erkennen. Der Ort liegt am Hang in mehreren Ebenen und ist gut zu sehen. Von der unberührten Natur am Esmark Gletscher in die Zivilisation ist es nicht weit gewesen. Aber der Unterschied ist wirklich krass. Es wirkt verfallen und schmutzig, wie ein weit entfernter, vergessener Aussenposten. Und das ist es wohl auch. Sie fördern etwas Kohle und halten die Stellung, weil es politisch so gewollt ist. Neuerdings versuchen sie Wissenschaftler dort anzusiedeln. Es bleibt abzuwarten ob das gelingt.

Nachdem wir über eine Holztreppe den Hang emporgestiegen sind, stehen wir mitten im Ort. Eine kleine Kirche haben sie sich errichtet, zum Gedanken an verunglückte  Bergarbeiter. Es gibt eine Sporthalle und einen Kulturpalast, ein kleines Museum und ein Krankenhaus. Am Ende steht ein großes Hotel und wartet auf Gäste. Die Hotelrezeption ist gleichzeitig Postamt und Bar. Frankiert wird mit norwegischen Marken und die norwegische Post wird die Karten auch irgendwann befördern, einen guten arktischer Wodka gönne ich mir zum Abschluß und dann verabschiede ich mich von der freundlichen Dame im Hotel.

Lenin steht dort immer noch auf dem Sockel und schaut nach Westen in den Fjord. Er hat einen schönen Ausblick über die Landschaft. Es ist ein eigenartiger Ort, fast menschenleer und dennoch leben hier wohl etwa 800 Einwohner. Aber es sind kaum Menschen zu sehen. Für uns geht es wieder zurück, vorbei an den verlassenen Häusern von Grumantbyen. Dort wurde in der Vergangenheit Kohle abgebaut, in den Unterkünften nisten jetzt Möwen.

10 Stunden waren wir unterwegs gewesen, es ist ein beeindruckender erster Tag  und mit einer Fototour durch den Ort schließe ich den Tag ab. Überall im Geröll blühen die arktischen Blumen in kräftigen Farben. Svalbard-Mohn, die Nationalblume des Archipels im zarten Gelb und andere rote und blaue Blüten zeigen sich in den Schneeresten. Eine Bewegung im Geröll erweckt meine Neugier und ich kann ein Schneehuhnpaar entdecken. Die Henne ist kaum zu sehen in ihrem braunen Federkleid aber der Hahn zeigt noch das weiße prächtige Gefieder des Winters mit einem leuchtend rotem Kamm.

Das ist ein schönes Erlebnis zum Abschluß dieses Tages. Nur drei Stunden Schlaf in der letzten Nacht zeigen jetzt langsam ihre Wirkung. Es ist taghell als ich mich schlafen lege und ein bisschen kommt es mir vor wie ein Mittagsschlaf.

1201.jpg 1202.jpg 1203.jpg 1204.jpg 1205.jpg
1206.jpg 1207.jpg 1208.jpg 1209.jpg 1210.jpg

Dienstag 13.06. 2006

Der Himmel ist aufgerissen, es sind 4°C und eisiger Wind kommt von den Bergen.

Da wird man schon auf dem Weg zum Frühstücksraum hellwach.

Für heute ist eine Fahrt nach Pyramiden geplant . Diese Siedlung wurde von den Russen 1998 aufgegeben und verlassen. Es war noch nicht klar gewesen, ob ein zweiter Führer zur Verfügung stehen würde. Denn dort werden zwei Führer benötigt. In Pyramiden herrscht Eisbärgefahr wie überall auf dem Archipel. Nur innerhalb der bewohnten Ortschaften ist es erlaubt, sich unbewaffnet zu bewegen. In den übrigen Regionen sind Waffen durch den Gouverneur von Svalbard vorgeschrieben. Je ein bewaffneter Führer vorn und hinten muß unsere Gruppe sichern, da Pyramiden verlassen ist und daher zur Wildnis gerechnet wird. Eisbären können dort jederzeit auftauchen.

Nach ein paar Stunden Fahrt entlang der beeindruckenden Berge, begleitet von Eissturmvögeln, Lummen und einigen Papageientauchern erreichen wir Pyramiden inmitten einer grandiosen Landschaft. Wie eine Pyramide ist die Spitze des Berges geformt in dem sie in einigen hundert Metern Höhe die Kohle abgebaut haben. Der erste Eindruck von Pyramiden ist positiv. Es sieht noch sehr intakt aus und sauberer als in Barentsburg. Ähnlich sieht es in vielen Teilen Russlands wohl auch aus. Sie müssen es fast fluchtartig verlassen haben, in den Häusern liegen noch Zeitungen auf einem Tisch, Blumen sind im Fenster vertrocknet. Die Fahrzeuge der Feuerwehr stehen noch aufgetankt in einer Halle, Krananlagen sind weithin sichtbar und im Hallenbad ist noch das Wasser im Becken. Die Bibliothek steht voller Bücher, aber niemand wird sie mehr ausleihen.

Lenin steht allein dort auf dem Sockel und hält Wache, es ist niemand dort, der ihn stürzen könnte.

Es ist eine Geisterstadt.

Manchmal kommen Russen aus Barentsburg und suchen Ersatzteile. Eine Antennenanlage die dort steht, ist wahrscheinlich  noch in Betrieb und wird gepflegt.

Ein Ohr in der Arktis, Relikt aus vergangener Zeit.

Der Blick geht über den Fjord, schon bei der Ankunft trieben Eisberge am Ort vorbei. Sie kommen vom Nordenskjöld Gletscher, unserem nächsten Ziel. Wir verlassen diese ehemalige Siedlung und machen uns auf den Weg zum Gletscher.

Die klare kalte Luft läßt ihn so nah aussehen, dennoch sind wir eine ganze Weile unterwegs. Eisschollen und Eisberge kommen uns in immer größerer Zahl entgegen.

Robben liegen auf den Schollen und treiben mit ihnen ab. Der Gletscher zeigt herrliches, blaues Eis und ein Stück davon fischen wir heraus. Einen Becher Whiskey mit Gletschereis hat man auch nicht alle Tage.

Die See wird etwas unruhiger, es ist aufgefrischt und der Wind ist eiskalt.

Aber es ist gutes Wetter für die Eissturmvögel deren Brutkolonie wir auf dem Rückweg passieren. Sie zeigen uns ihre atemberaubenden Flugmanöver immer wieder während sie uns begleiten.

Während wir uns Longyearbyen nähern erkenne ich die NOORDERLICHT schon von weitem.  Sie liegt am Kai. Schon oft hatte ich sie dort in der Webcam des Hafenmeisters gesehen. http://www.portlongyear.no/portcam.htm . Morgen Nachmittag werde ich an Bord gehen und meine eigentliche arktische Reise wird beginnen.

1301.jpg 1302.jpg 1303.jpg 1304.jpg 1305.jpg
1306.jpg 1307.jpg 1308.jpg 1309.jpg 1310.jpg

Mittwoch 14.06.2006

 

Es hatte geschneit und alles war weiß überpudert. Der Himmel wird langsam Blau und im Sonnenlicht zeigen  die Berggipfel ihre schönen Strukturen .

Es ist noch ausreichend Zeit für eine Fototour durch die „Hauptstadt“ Longyearbyen.

Mein Zimmer ist geräumt und ich erkunde den Ort. Aber eigentlich will ich aufs Schiff und so mache ich mich auf den Weg zum Hafen. Auch meine Mitreisenden treffen langsam ein und um 17:00 Uhr können wir an Bord. Kurz darauf legen wir auch schon ab.

Das Abenteuer beginnt und die Fahrt geht quer über den Isfjord. Unser erstes Ziel ist eine geschützte Bucht am Eingang des großen Fjordes.

Bis wir sie erreichen haben wir noch Zeit genug uns und die Crew kennenzulernen.

Und natürlich das Schiff zu erkunden, mit dem wir in den nächsten Tagen unterwegs sein werden. Meine Sachen sind schnell verstaut, das Wetter ist gut und bald ankern wir in Trygghamna 78°14,5’Nord 13°51’Ost. Es ist Zeit die Mitreisenden kennenzulernen.

Sie kommen aus Amerika, Schottland, England, Holland, Israel, Norwegen und Deutschland. Bordsprache ist Englisch und damit komme ich meistens zurecht. Ist aber schon verflucht lange her seit ich das mal gelernt habe und etliche Vokabeln sind nicht mehr geläufig.

Aber damit haben andere auch zu kämpfen.

1401.jpg 1402.jpg 1403.jpg 1404.jpg 1405.jpg

Donnerstag 15.06.2006

 

Ganz leicht schwankt das Schiff mit den Wellen. Wir liegen vor einem Gletscher und bereits vor dem Frühstück bin ich an Deck und genieße die arktische Landschaft. Das Wetter ist gut, die Sonne kommt durch und es herrscht nur wenig Wind. Gleich nach dem Frühstück ist ein erster Landgang vorgesehen und wir werden eingewiesen. Sicherheitshinweise sind unumgänglich, die Eisbärengefahr ist real. Keine Pflanzen pflücken, keine Steine sammeln, nichts entfernen. Es ist historischer Boden und auch die Natur wird streng geschützt.

Wir setzen mit dem Zodiac-Schlauchboot über und unternehmen einen ersten Landausflug zum Alkhornet, einem Vogelfelsen am Eingang des Isfjords. Der Boden hat Geschichte, Walfänger haben hier gelebt und manches Schiff hat dese Bucht angelaufen um Schutz zu suchen vor Stürmen in der offenen See. Reste alter Hütten und Tranöfen der Walfänger sind zu erkennen, Walwirbel liegen noch am Strand. In der trockenen kalten Luft der Arktis wird es lange konserviert. Alte Gräber liegen offen vor uns, der Frost hat die Gebeine aus dem Erdreich gehoben.

Nur ein paar Schritte weiter die ersten Spuren des Bären in einem Schneefeld.

Nicht älter als zwei Tage, die Konturen sind noch scharf umrandet, der Schnee der vor zwei Tagen gefallen ist hat die Spuren noch nicht bedeckt.

Raubmöwen - Arktic Skuas begleiten unseren Weg. Große Vögel, denen man nicht in die Quere kommen sollte. Bald sind wir unterhalb des 425m hohen Felsens. Grüne Wiese hat sich dort im Laufe der Jahre gebildet. Begünstigt durch herabgewaschenen Dünger vom Vogelfelsen. Im vor uns liegenden Isfjord ist uns die NOORDERLICHT gefolgt und holt uns unterhalb des Alkhornet wieder an Bord. Es wird Zeit den Isfjord zu verlassen und Kurs Nord einzuschlagen.

Wir erreichen die offene See und plötzlich ist der Wind günstig. Eine kurze Einweisung und dann geht es hoch mit den Segeln. Die Maschine ist aus, der Wind treibt uns voran. Das Schiff liegt schräg im Wind und wir machen gute Fahrt in der Stille der arktischen Landschaft. Ich genieße es an Deck und erlebe die Einfahrt in den Forlandsundet. Hier sind wir hinter den Bergen und das hält den Wind ab. Mit Maschinenkraft geht es daher in ruhiger Fahrt durch den Sund. Walrosse sind in Poolepynten manchmal zu treffen, wir haben aber kein Glück, deswegen geht es weiter durch die taghelle Nacht Richtung Norden. Wir wollen zum Magdalenenfjord. Es ist sonnig und einige Male gibt es kurze Schneeschauer. Etwa 00:30 Uhr haben wir den Forlandsundet passiert. Die Temperatur liegt bei 0°C aber der Wind macht es viel kälter. Wir erreichen offene See und es wird etwas unruhig.

1501.jpg 1502.jpg 1503.jpg 1504.jpg 1505.jpg

Freitag 16.06.2006

 

Es war etwa 03:00 Uhr als der Anker fiel und das Geräusch der Ankerkette durchs Schiff dröhnte. Danach war Stille.

Weil die See etwas unruhig war und einige Mitreisende etwas Seekrank waren haben wir im Krossfjorden Schutz gesucht und ankern vor dem 14.Juligletscher. Ein herrlicher Anblick bei Sonnenschein und glatter See. Aber das Wasser kommt bald in Bewegung, der Gletscher hat gekalbt und die entstandene Welle bringt unser Schiff zum schwanken. Für uns ist mal wieder ein Morningwalk vorgesehen.

Blumen blühen an einem Hang unterhalb eines Vogelfelsens in verschiedenen Farben.

Herabfließendes Wasser ist gefroren und bildet einen großen Kontrast zu diesen zarten Blüten. Die morgendliche Welle des kalbenden Gletschers hat viel Treibeis auf den Strand gehoben. Wie Diamanten liegen die Eisstücke jetzt am Strand im Sonnenlicht. Dazwischen auch große Brocken, je näher wir zum Gletscher kommen. Es muß eine mächtige Welle gewesen sein, denn die Brocken sind weit ins Land gesetzt.

Gemeinsam schleichen wir uns noch an eine Robbe heran, die aber bald darauf im eisigen Wasser abtaucht.

Der Rückweg zur Landestelle beschert uns grandiose Landschaft mit Schnee und Eis. Bei bestem Wetter geht es dann mit der NOORDERLICHT weiter in den Möllerfjord. Noch ein kurzer Ausflug über das Generalfjella und dann passieren wir einen Vogelfelsen.

Wir können uns nah vorbeitreiben lassen und Gänse, Lummen, Papageientaucher und Möwen in ihren Wohnstuben beobachten. Dabei ist es Abend geworden und wir machen uns auf den Weg zum Magdalenenfjord. Die See ist ruhig und wir kommen gut voran.

Längst haben wir den 79. Breitengrad passiert und es geht weiter nach Norden vorbei am Smeerenburgbreen in den Smeerenburgfjord.

1601.jpg 1602.jpg 1603.jpg 1604.jpg 1605.jpg
1606.jpg 1607.jpg 1608.jpg 1609.jpg 1610.jpg

Samstag 17.06.2006

 

Irgendwann in der Nacht ist die Ankerkette runtergerasselt, dann war es ruhig. Nur plätscherndes Wasser am Schiffsrumpf und in der Ferne der Gesang der Robben. Wir ankern in einer kleinen Bucht, bereits zu Zeiten der Walfänger Trinityhamna genannt. Englische Walfänger haben hier den Speck der Wale zu Öl verarbeitet, Reste von zwei Tranöfen finden sich auf einer Halbinsel, die dieser Bucht Schutz gibt. Diese Halbinsel war bereits früher ein Begräbnisplatz der Walfänger und heute sind dort etwa 120 Gräber.

1596 ist Willem Barents in dieser Bucht gelandet. Spitze Berge hat er hier vorgefunden und das in seine Seekarte eingetragen. Durch diese Eintragung erhielt das Land später seinen Namen. Barents dachte allerdings, das es wohl noch zu Grönland gehöre.

Es ist ein eigenartiges Gefühl, hier vor Ort die Geschichten der Männer zu hören, die auf ihren Expeditionen neues Land erkundeten. Wie beschwerlich sind ihre Reisen wohl gewesen.? Sie kämpften oftmals ums Überleben, während ich hier Urlaub mache und die Schönheit dieser arktischen Landschaft genieße. Diese Gedanken begleiten mich, während ich Marmelade und Butter, Tubenkaviar und Teebeutel in meinem Rucksack verstaue. Der Ausflug wird etwas länger dauern und wir nehmen Verpflegung mit. Unser Weg führt uns zum Gullybreen in die Nachbarbucht. Über Felsküste und Sandstrand tragen wir Geschirr und Besteck, Verpflegung und heißes Wasser bis zur Abbruchkante des Gletschers. Picknick zwischen angespülten Eisschollen bei herrlichem Wetter und guter Stimmung. Frische Luft macht hungrig und dort am Gletscher hat es besonders gut geschmeckt. Moose und Flechten waren auf dem Rückweg zu sehen. Überall gibt es ein bisschen Leben zwischen den Felsen zu entdecken. Es ist Zeit genug diese Besonderheiten der Natur anzusehen bevor wir wieder an Bord der NOORDERLICHT geholt werden. Während wir aus unseren Gummistiefeln steigen und die Schwimmwesten verstauen, nimmt das Schiff bereits Kurs auf den etwa drei Seemeilen entfernten Waggonwaybreen.

Immer mehr Eisstücke treiben im Wasser und einige sind recht ansehnlich. In der Stille des Fjordes wird es recht laut wenn wir ein Stück Eis rammen, um den Weg freizuschieben. Immer weiter nähern wir uns einer Bartrobbe die auf einer Eisscholle treibt. Plötzlich sind Belugawale zu sehen. Drei weiße Wale schwimmen dort herum und die Robbe läßt sich weder durch die Wale noch durch unser Schiff stören. Wir können eine ganze Weile zuschauen bevor die Wale den Fjord verlassen. Dafür tauchen dann noch mehr Robben auf und es ist ein herrlicher Anblick, ihnen im treibenden Eis vor der großen Gletscherkante mit den wechselnden blauen Farbtönen zuzuschauen.

Nach einer ganzen Weile fahren wir weiter, zurück in den Smeerenburgfjord.

Bei Sallihamna soll es noch einen kurzen Abendspaziergang geben.

Es ist 20:22 Uhr und ich bin gerade dabei mich für den Landgang fertig zu machen als im Oberdeck die Glocke geläutet wird. Das ist unser Zeichen für Versammlung. Es gibt nur eine kurze Information: Eine Eisbärin mit zwei Jungen ist am Ufer. Natürlich gibt es jetzt kein Halten mehr. Mütze, Schal, Handschuhe und dann raus an Deck. Wir folgen den Eisbären eine ganze Zeitlang bis in den Fuglefjorden, bis unser Schiff Bodenberührung hat. Wir beobachten die Bärin, die unbeirrt ihren Weg durch die Schneefelder sucht. Sie schwimmt zu einer kleinen Insel und die Bärenjungen folgen ihr durchs Wasser. Am Westufer des Fjordes ist ein weiterer Bär zu sehen und wir können nun vier Bären beobachten die mit eleganten, geschmeidigen Bewegungen über die Felsen der Uferzonen klettern. Bald sind sie aber zu weit entfernt und wir nehmen nun Kurs auf Moffen. Für einen Ausflug bei Sallihamna ist es jetzt zu spät.

1701.jpg 1702.jpg 1703.jpg 1704.jpg 1705.jpg
1706.jpg 1707.jpg 1708.jpg 1709.jpg 1710.jpg

Sonntag 18.06.2006

 

Wir ankern auf 80°00’Nord 14°25’Ost. Es ist 4°C und der Himmel ist bedeckt.

Es ist windstill und vor uns liegt eine kleine flache Insel. Sie ragt nur ein paar Meter aus dem Wasser und hat eine flache Lagune im Inneren. Es ist Moffen, die Insel der Walrosse und sie ist strengstens geschützt. Nur bis auf 300m dürfen sich Schiffe und Boote nähern, betreten der Insel ist strengstens verboten.

Und sie sind wirklich da. Mehrere Gruppen liegen am Ufer, es sind weit über 100 Tiere. Einige Gruppen schwimmen im Wasser und kommen neugierig auf uns zu. Es ist ein herrlicher Anblick sie im Wasser zu erleben und wir schauen ihnen eine ganze Weile zu.

Wir wollen aber weiter, zurück an die Nordküste in Richtung Reinsdyrflya. Da ein leichter Wind weht versuchen wir es mit Segeln. Es sieht sehr schön aus wenn die Segel gesetzt sind, vor uns das Panorama der Nordküste. Aber vorwärts kommen wir nicht und deswegen wird die Maschine zugeschaltet und wir nähern uns mit Motorkraft der großen flachen Ebene am Eingang zum Woodfjord. Eine Menge Rentiere weiden dort, und das gab dieser Ebene auch den Namen. Kaum sind wir in den Woodfjord eingelaufen, sind Wale zu sehen. Aber sie sind noch weit entfernt. Im Hintergrund sind vor den Bergen Fontänen zu sehen. Wir versuchen näher zu kommen, nehmen Kurs in den Woodfjord und stoppen die Maschine. Lautlos segeln wir ihnen entgegen und können die Finnwale bald gut beobachten. Während die Wale jetzt den Woodfjord verlassen führt unser Weg uns in den Liefdefjord.

Wir haben alle Segel gesetzt aber es gibt immer noch keinen Wind. Wir nutzen das um uns die NOORDERLICHT unter vollen Segeln anzuschauen. Mit dem Zodiac geht es rund ums Schiff und es sieht prächtig aus vor dem Hintergrund schneebedeckter Berge.

Ein guter Ort um schöne Fotos zu machen. Und wir haben Glück, denn kurz darauf fängt es an zu nieseln und wird ungemütlich. Wir haben bald unseren Ankerplatz am Wulffberget erreicht und nach dem Abendessen soll es noch zur Texas Bar gehen. Das ist der Name einer Trapperhütte die gern auch von Filmteams benutzt wird. Sie liegt gegenüber vom Monacobreen mit weiten Eisfeldern und hoher Eisbärenwahrscheinlichkeit.

Sumpfige Wiesen und rutschige Hänge waren auf dem Weg dorthin zu überwinden, Schneefelder müssen durchquert werden. Die Hütte ist Eisbärensicher verriegelt, ein Blick ins Gästebuch  zeigt uns erste Besucher im März des Jahres. Zu dem Zeitpunkt muß noch richtig Winter gewesen sein.

Es ist Mitternacht als wir wieder zurück an Bord sind. Der Tag ist lang und ereignisreich gewesen, aber erst um 02:30 Uhr komme ich ins Bett.

1801.jpg 1802.jpg 1803.jpg 1804.jpg 1805.jpg

Montag 19.06.2006

 

Es ist windstill, trocken und warm. Das Thermometer zeigt 7°C und der Himmel klart auf.

Gleich nach dem Frühstück lichten wir die Anker und fahren an die Eiskante. Vorbei am Idabreen, Emmabreen zum Monacobreen. Wir können die Spur des Bären sehen, aber vom König der Arktis ist nichts zu entdecken. Nur seine Trittsiegel hat er hinterlassen. Wir fahren in alle Winkel und schauen hinter jede Insel, die Landschaft ist beeindruckend, aber die Bären sind verschwunden.

Mit leichtem Wind segeln wir zurück in den Liefdefjord. Die Maschine ist gestoppt und nur das Schlagen der Segel im Wind stört die arktische Stille. Eine große Gruppe Belugas schwimmt vor unserem Schiff, es sind wohl 20 Tiere. Ein schöner Anblick, aber sie verlassen uns nach kurzer Zeit und wir können ihnen nicht mehr folgen. Wir segeln weiter, begleitet von Eissturmvögeln und Möwen.

Plötzlich wird ein Bär entdeckt. Er schwimmt zwischen zwei Inseln und es war eine Leistung den in den Wellen überhaupt zu entdecken. Nur der Kopf schaut aus dem Wasser. Während die NOORDERLICHT wendet hat er die Insel ANDOYA erreicht. Er schüttelt sich, wälzt sich im Schnee und streift über die kleine flache Insel. Eine lange Zeit können wir ihm dabei zusehen und erst als er hinter einem Hügel verschwunden ist fahren wir weiter.

Wie ein Fährtesuchender Hund ist er über die Insel getrottet. Es war herrlich anzusehen.

Wieder einmal ein schönes Erlebnis. Unsere Fahrt geht weiter entlang der Reinsdyrflya nach Worseleyneset. Es ist der Südostzipfel der Flya mit einem weiten Blick über den Woodfjord und den Liefdefjord. Am Ufer steht eine Trapperhütte und direkt dahinter beginnt die weite, arktische Tundra. Bunte Blumen blühen dort im Schutze einiger Steine, nur wenige Zentimeter hoch. Auch der Svalbard-Mohn ist zu finden, die Nationalblume des Archipels. Aber es ist Eisbärenland. In jeder Mulde kann ein Bär liegen und es heißt wachsam sein. Zurück auf dem Schiff machen wir uns dann auf den Weg in den Raudfjord.

1901.jpg 1902.jpg 1903.jpg 1904.jpg 1905.jpg

Dienstag 20.06.2006

 

Irgendwann heute Nacht hat das Schiff geankert, wir liegen in der Mitte des Raudfjordes, vor uns eine Trapperhütte am Ufer. Hier wollen wir Ausschau halten nach Bären und Robben. Obwohl wir bis in die Spitze des Fjordes gefahren sind haben wir nur die Spuren des weißen Bären finden können. Aber das Wetter war gut und die Landschaft im Raudfjord ist beeindruckend. Mächtige Gletscher kalben in den Fjord und plötzlich taucht eine Herde Belugas vor uns auf. Vor der Kulisse der Gletscher und schneebedeckten Berge ist das sehr schön anzusehen. Von den Grönländern werden sie Qilalugaq Quportaq genannt, so steht es auf einem Poster der verschiedenen Walarten welches im Schiff hängt. Es ist eine recht große Gruppe welche um uns herumzieht, aber bald sind sie zu weit entfernt und wir setzen unseren Weg fort. Ein sehr schönes Panorama, aber leider keine Bären. Das Licht wechselt im Minutentakt. Die Gletscher sind prächtig anzuschauen. Wir lassen uns in der Nähe des Hamiltonbreen an einem Vogelfelsen vorbeitreiben. Um uns herum stehen Lummen auf treibenden Eisstücken und halten Ausschau wie Bootsfahrer. Sie beobachten die Weite des Meeres während sie auf große Fahrt gehen. Bei Flathuken biegen wir ab nach Westen Richtung Yttre Norskoyane.  Hier im Nord-West Zipfel des Archipels entdecken wir einen Bären und können ihn eine Zeitlang in seiner natürlichen Umgebung beobachten.

Hoch am Hang sucht er sich seinen Weg und wir können zusehen mit welcher Leichtigkeit er sich dort seinen Weg sucht. Elegante, geschmeidige Bewegungen auf der Suche nach Vögeln und Nestern über Felshänge und Schneefelder. Vollkommen ungestört fühlt er sich und gräbt im Schnee eine Mulde in die er sich schlafen legt.

Wir ankern auf der anderen Seite der Insel. Hier ist es etwas geschützt. Die Temperaturen sind gesunken, es beginnt zu schneien. Ein paar Wale passieren das Schiff und dieser Tag geht langsam zuende.

2001.jpg 2002.jpg 2003.jpg 2004.jpg 2005.jpg
2006.jpg 2007.jpg 2008.jpg 2009.jpg 2010.jpg

Mittwoch 21.06.2006

 

 

Wir ankern vor einer grandiosen Landschaft, der Schneefall hat nachgelassen, der Himmel wird langsam klar und blau.  Im Hintergrund Berge, Schnee und Eis. Wir machen uns auf den Weg nach Sallihamna, auf der Hinfahrt hatten wir das abgebrochen weil wir unseren ersten Bären entdeckt hatten. Der Himmel wird immer blauer und während unseres Ausfluges wird uns immer wärmer. Hier ist eine flache Ebene, an der Küstenlinie steht eine verfallene Schutzhütte. Unser Weg führt uns weiter bis zu einer Bucht. Eine vollkommen intakte Hütte mit Antennen und Solarzellen steht dort. Im Sommer sollen dort ein Wissenschaftler und ein Polizist wohnen um diese einzigartige Natur zu schützen. Es ist aber niemand zuhaus.

Das besondere, klare Licht und der blaue Himmel machen diesen Ausflug zu etwas Besonderem. Überall liegt noch Schnee, die Sonne hat das Land kaum erwärmt, obwohl sie den ganzen Tag scheint.

Matschiges Moos, weil der Boden gefroren ist und das Tauwasser nicht versickern kann.

Einen kurzen Augenblick können wir es genießen, dann holt uns das Boot auch schon wieder an Bord. Es ist Mittagszeit und wir wollen noch ein paar Seemeilen weiter nach Amsterdamoya. Unterwegs treiben uns große Eisbrocken entgegen, sie sind wohl vom Svitjodbreen, den wir beim Segeln passieren.

Wir landen am Sjoaneset im Nord-Osten der Amsterdamoya und unser Weg geht entlang der Küstenlinie des Ostufers. Geröll und Sumpfflächen wechseln sich ab, anfangs finden sich dort noch ein paar alte Gräber. Hinter einem Hügel liegt ein See. Während der über 6 km langen Wanderung haben wir einen einmaligen Blick über den Smeerenburgfjord. Unsere Marschgeschwindigkeit ist nicht besonders hoch, es wird etwas beschwerlich und wir sind bald in Zeitverzug, der Koch hat uns schon mehrmals angefunkt und wartet mit dem Essen. Als wir am Strand von Smeerenburg dann noch ein Walroß entdecken, ist es klar, das es noch später wird. Es ist ein prächtiger Bursche der dort in der Sonne liegt. Bewegt hat er sich nur wenig, solange können wir auch nicht warten, sonst verderben wir es uns vollkommen mit dem Koch.

Von Smeerenburg ist nicht mehr viel zu sehen. Hier war einmal das Zentrum des Walfanges und Reste eines Tranofens zeugen noch davon. Eine Gedenktafel und ein paar erkennbare Grundrisse erinnern an diesen Ort und die Männer die hier in dieser nordischen Wildnis die Wale abgeschlachtet haben um Öl zu gewinnen für die Beleuchtung in den kontinentalen Städten. Kaum vorstellbar wie es damals hier gewesen ist.

Im Danskegattet gehen wir wieder an Bord, es ist schon spät geworden. Allerdings haben wir noch einen Ausflug vor uns, daher müssen wir schnell essen. Gut das nicht dunkel wird und wir auch nachts Ausflüge machen können.

Die Noorderlicht hat die Erlaubnis Danskoya anzulaufen und wir dürfen die Insel betreten. Die Insel liegt gegenüber von Smeerenburg und wir sind gespannt auf die Überreste von zwei Nordpolexpeditionen in Virgohamna. Von hier aus haben es die Männer von Andrée mit einem Ballon versucht und sind dabei umgekommen. Erst 33 Jahre später werden ihre Überreste gefunden. Wellmann ist mit einem Ballon gescheitert und wollte es erneut versuchen.

Verrottete Anlagen zu Produktion von Oxygen sind noch vorhanden, Treibstofffässer liegen herum. Er wollte einen neuen Versuch starten, hat es dann aber aufgegeben. Das Gelände in dieser Bucht ist strengstens geschützt, eine Gedenktafel erinnert an die verstorbenen Männer und wir dürfen uns nur auf festgelegten Pfaden bewegen. Kurz vor Mitternacht sind wir wieder an Bord und die NOORDERLICHT steuert nach Süden. Wir wollen in den Kongsfjord, die Fahrt wird ein paar Stunden dauern.

Wir sind in der offenen See, es wird unruhiger. Es ist 2° C und es ist Sommeranfang.

2101.jpg 2102.jpg 2103.jpg 2104.jpg 2105.jpg
2106.jpg 2107.jpg 2108.jpg 2109.jpg 2110.jpg

Donnerstag 22.06.2006

 

Der Himmel ist klar und blau, es ist fast windstill. Vor wenigen Minuten habe ich das Rasseln der Ankerkette gehört. Die Maschine hat gestoppt, es wird ruhig an Bord. Ich will mich noch mal umdrehen und weiterschlafen aber mein Wecker hindert mich daran.

Wir waren die ganze Nacht gefahren, das Schiff hatte ständig geschwankt und die Nacht war wohl auch etwas kurz. Wir ankern jetzt im Kongsfjord vor der Blomstrandhalvoya und nach dem Frühstück wird es Zeit für einen Ausflug zum Claim von E. Mansfield. Es ist eine Geschichte wie aus einem Wirtschaftskrimi. Mansfield hat vor etwa 100 Jahren Gelder eingesammelt und Anleger davon überzeugt, arktischen Marmor abzubauen. Erste Marmorplatten waren durch seine gegründete „Marble Mining Company“ bald abgebaut und wurden nach London verschifft. Bereits auf dem Weg nach Süden zerfielen diese Marmorplatten nachdem sie getaut waren. Arktischer Marmor von Spitsbergen hat London nie erreicht, sie haben es unterwegs schon über Bord geworfen. Die Firma wurde verkauft und hat den Betrieb eingestellt. Aber Häuser und Maschinen verblieben am Marmorbruch auf der Blomstrandhalvoya. Und sie sind heute noch zu sehen. Kleine umgestürzte Bahnwaggons sind zu sehen, ein alter Eisenbahn-Verladekran steht noch am Ufer. Ein alter Dampfkran und andere Druckkessel- Dampfmaschinenreste stehen am Marmorbruch. Überreste einer alten Werkstatt mit Maschinenteilen und alten Trinkbechern zeugen von den Tagen des Marmorbergbaus. Es ist alles angerostet und dieses rostige Braun passt gut zu den Farben von Schnee und Eis unter klarem blauen Himmel.

London hatten sie diesen Ort damals genannt und ein paar der alten Häuser von Mansfield stehen noch dort, andere Häuser hat man auf der gegenüberliegenden Fjordseite in Ny-Alesund wieder aufgebaut. Der Blick hinüber zu dieser nördlichsten Stadt der Welt ist wirklich eindrucksvoll.

Während unserer Beobachtungen haben wir einen Skua beim Brüten gestört. Diese Vögel brüten auf dem Boden, wir sind unbeabsichtigt zu nahe gekommen und sofort werden wir angegriffen. Diese Angriffe können schmerzhaft enden, deswegen gehen wir weiter. Vorbei an einer alten Claimmarke mit der Inschrift: „ Claimed by E.Mansfield in 1906 and sold 1911 to the Northern Exploration Company Ltd of London“  geht unser Weg über Mansfields Territorium. Ein herrlicher Ausblick über den Kongsfjord hin zum Kongsbreen. Am Strand wartet das Boot auf uns. Anscheinend liegt der Strand direkt gegenüber vom Kongsbreen, aber die klare reine Luft scheint die Entfernungen zu komprimieren. Es sieht alles sehr nah aus, aber es ist doch recht fern.

Die Fahrt zu einem Hügel den wir besteigen wollen dauert jedenfalls eine ganze Weile. 362 m hoch ist der Ossian Sarsfjellet und der Blick über den Fjord ist wirklich einmalig schön.. Eine tiefe Schlucht trennt uns nur wenige Meter von einem Vogelfelsen und den dort brütenden Lummen und Dreizehenmöven.Sie lassen sich nicht stören und wir können ihnen aus nächster Nähe zuschauen. Dieses Treiben in der Brutkolonie beobachten wir eine Zeitlang und lassen uns dabei von der arktischen Sonne verwöhnen. Dort oben begegnen wir Rentieren die noch große Teile ihres Winterfelles tragen. Es ist eine eigene Art auf Svalbard mit kürzeren Beinen. Sie leben nicht in großen Herden sondern verteilen sich über das Archipel. Für eine Herde gibt es kein Nahrungsangebot und so haben sie sich zu Einzelgängern entwickelt.

Nach dieser Klettertour mit herrlicher Aussicht wollen wir unsere vorgesehene Panoramafahrt genießen. Die Noorderlicht hat nicht viel Tiefgang und es ist möglich, nah an den Gletscher heranzufahren. Wir lassen uns entlang des Gletschers treiben und immer wieder können wir beobachten wie ein Stück abbricht und mit lautem Getöse ins einskalte Wasser rutscht. Wir hören es Knistern und Knacken in der Front des Gletschers. Etwa 50m hoch ist die Eiswand vor uns und die verschiedenen blauen Farbtöne des Eises sind schön anzusehen. Erste Teile brechen herunter und es sieht sehr instabil aus. Bald darauf bricht eine große Ecke mit lautem Donnergrollen herunter. Der Gletscher hat gekalbt und das Schiff beginnt auf den entstandenen Wellen zu tanzen. Wir sind nah dran, die Kälte des Eises ist deutlich zu spüren. Viele Eisstücke treiben auf dem Fjord und wir begleiten sie auf dem Weg nach Ny-Alesund.

Wir erreichen die Stadt gegen Mitternacht und es ist ruhig in den Straßen.

Die Sonne steht im Norden und es ist sehr schönes Fotolicht. Morgen früh wird das Licht hinter den Bergen stehen, also ist jetzt die richtige Zeit für eine kleine Fototour. Ich mache noch ein paar Fotos vom Gletscher und von Seeschwalben. Bunte Holzhäuser und ein alter Grubenzug stehen sehr fotogen im Licht der Mitternachtssonne. Aber bald ist es schon 02:30 Uhr und Zeit noch ein bisschen zu schlafen.

2201.jpg 2202.jpg 2203.jpg 2204.jpg 2205.jpg
2206.jpg 2207.jpg 2208.jpg 2209.jpg 2210.jpg
2211.jpg 2212.jpg 2213.jpg 2214.jpg 2215.jpg
2216.jpg 2217.jpg 2218.jpg 2219.jpg 2220.jpg

Freitag 23.06.2006

 

Ich bin durchgeschwitzt. Das Thermometer zeigt Außentemperaturen von 17,9° C.  Wir liegen am Kai in Ny-Alesund und im Morgengrauen ist die Maxim Gorki eingelaufen. Sie liegt auf Reede und die Boote werden bereits zu Wasser gelassen. Bald werden sie ihre Passagiere an Land setzen. Gut das ich in der Nacht noch Photos gemacht habe, denn es wird voll werden in den wenigen Straßen des Ortes. Am Ufer steht die Bordfotografin und macht Erinnerungsfotos mit Datum und Landesflagge. Diesmal hat niemand ein Eisbärenkostüm an, aber das soll es wohl auch geben.

Um dem Trubel etwas zu entkommen verlassen wir den Ort und begeben uns zum Startplatz der Luftschiffexpeditionen. Der alte Mast zum halten der Luftschiffe steht noch dort und der Blick zu den Gletschern am Ende des Fjordes ist mal wieder etwas Besonderes. Ny-Alesund wandelt sich vom Bergbauort zur Science- und HighTec-Stadt. Einen kleinen Überblick über diese Wandlung haben wir erhalten bevor wir gegen Mittag die Stadt verlassen, alle Segel sind gesetzt und der Wind treibt uns hinaus aus dem Fjord.

Unser Ziel ist Ferskvassbukta. Dort gibt es eine flache Lagune in der sich Walrosse wohlfühlen. Hier auf Spitzbergen gibt es überwiegend männliche Tiere. Walrosse leben in einer Art Harem. Der alte Bulle lässt keine Nebenbuhler zu. Und so ziehen die Jungbullen von den großen Herden auf Franz-Josefs-Land nach Spitsbergen und leben in Gruppen auf Moffen und anderen Plätzen. Ferskvassbukta hat sich zu einem solchen Platz entwickelt. Unterwegs treffen wir eine Gruppe Walrosse im offenen Meer und bald erreichen wir die Bucht.

Von weitem ist schon ein kleines, ankerndes Segelboot in der Nähe zu erkennen.

Von Deck aus sind keine Walrosse zu sehen, wir wollen an Land.

Am Ufer liegen rundgeschliffene Steine in unterschiedlicher Größe und bilden einen Untergrund auf dem man schlecht laufen kann. Und schnell geht es auch nicht. Die Steine rollen unter den Füßen. Bald entdecken wir Walrosse in einer kleinen Bucht. Je näher wir kommen, desto mehr werden es. Später haben wir insgesamt neun Tiere gezählt. Sie sind verspielt und neugierig und kommen immer näher. Eine schöne Kulisse mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund und diese unglaubliche Tiere in nächster Nähe, das wird unvergesslich bleiben. Viel zu schnell müssen wir uns auf den Rückweg machen.

Unsere Reise nähert sich langsam dem Ende, einige Mitreisende haben den Wunsch geäußert Barentsburg anzulaufen und so machen wir uns auf den Weg dorthin. Das Wetter wird ungemütlich, es fängt an zu nieseln.

2301.jpg 2302.jpg 2303.jpg 2304.jpg 2305.jpg
2306.jpg 2307.jpg 2308.jpg 2309.jpg 2310.jpg

Samstag 24.06.2006

 

Um 04:00 Uhr haben wir in Barentsburg festgemacht, der Regen der Nacht hat aufgehört. Wir haben Zeit für einen Rundgang durch den Ort. Ich habe mir Zeit genommen für einen Museumsbesuch. Auch wenn ich natürlich nicht viel verstehe, so ist das Museum doch nett gemacht. Alte Fotos und Karten erklären vieles von allein, es verschafft einen Überblick über Besiedlung und Geologie.  Die Spuren der russischen Siedler werden dokumentiert. Sie finden sich im Süden und Osten des Archipels, somit rundet der Besuch des Museums unsere Reise gut ab.

2401.jpg 2402.jpg 2403.jpg 2404.jpg 2405.jpg

Die Noorderlicht nimmt Kurs auf Longyearbyen. Ein letzter Blick nach Barentsburg. Sicherlich nicht der schönste Anblick des Archipels, aber zur Geschichte des Nordens gehört es dazu.

 

Für mich ist es Zeit zu packen. Wir werden noch Zeit haben für einen Landgang in Longyearbyen., einen gemütlichen Abschlußabend und morgen früh bringt mich der Flieger wieder zurück in den heißen Sommer.

 

Hier beende ich meinen Bericht und nehme eine Menge Eindrücke mit nach Haus.

Dazu eine große Anzahl Photos. Beim Bearbeiten und Sortieren werde ich mich in Gedanken noch einmal an farbenfrohen Blumen erfreuen und die Tiere des Nordens beobachten.

Vögel gleiten über das Meer und der Wind weht kalt vom Gletscher. Die NOORDERLICHT mit ihrem roten Rumpf sucht ihren Weg durch das eisige Wasser des Nordens.

noorderlicht.jpg        

Die Isländer gaben diesem Land den Namen:

Svalbard – Das Land der kalten Küsten.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Es freut mich wenn Du den Bericht bis zum Ende gelesen hast.

Dann hat sich meine Mühe ein bißchen gelohnt und die Arbeit war nicht ganz umsonst.

Wenn Du noch mehr Bilder sehen willst, dann folge dem Link.

Mehr Fotos gibt es hier.

Copyright (c) 2007 - 2008 by Manfred Bartels. Alle Rechte vorbehalten.